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Material als Experiment

Anne Schneider
Materialforscher Holz

Impulse

  • Smart materials 
  • Kunst und Handwerk im Wandel
  • Handwerk wird modern
  • Open Source
  • Upcycling/Recycling 
  • experimentierend den eigenen gestalterischen Weg finden
  • Materialuntersuchungen
  • Materialforschungen – materialinhärente Eigenschaften erlernen und zunutze machen
  • Materialwissen aneignen durch das Experiment am und mit Material 
  • individuelle Förderung 
  • Kreativität des Einzelnen aus sich und seinen Interessen heraus
  • DIY – Do-it-yourself-Revolution
  • Maker Faire
  • FAB LAB

Welches Material für welches Ding?

Material ist ein zentraler, substanziellen Faktor bei der Entwicklung eines Kunstwerkes oder eines Designobjektes. Somit sollte es auch im Rezeptionsprozess Bedeutung haben 

Das Arbeitsverständnis und die Lebensweisen vor fast 100 Jahren hatten sich gewandelt. Der erste Bauhaus-Leiter Walter Gropius vertrat die Ansicht, dass die Designer auf die neuen Bedürfnisse reagieren mussten. Verschiedene Aspekte seien bei der Gestaltung von Industrieprodukten zu berücksichtigen: Sie hatten ebenso zweckmäßig wie von zeitgemäßer Gestaltung zu sein, ebenso ästhetisch wie gut verarbeitet und gleichermaßen preiswert durch die Massenfertigung. Insofern wurde das Bauhaus zur Geburtsstätte des modernen Industriedesigns. 

Allerdings lehnte Gropius das Kunsthandwerk keineswegs ab. Im Gegenteil, die Praxis wurde am Bauhaus großgeschrieben. Jeder Schüler erhielt eine Grundausbildung in verschiedenen handwerklichen Techniken und wurde dazu ermutigt, neue Gestaltungsformen in Metall, Glas oder Holz zu erarbeiten. 

Mit der Schließung 1933 endete die experimentierfreudige Zeit. Doch in dieser »Kunstschule der Moderne« waren die Grundlagen gelegt worden für eine industriegerechte Formgestaltung, die unser Leben bis heute prägt. Tatsächlich beeinflussen die Ideale und Entwürfe des Bauhauses noch heute Designer weltweit.

Schon am historischen Bauhaus innerhalb der Vorkurse von Itten, Moholy-Nagy und Alber waren Materialübungen und Materieübungen wesentlicher Bestandteil des Unterrichtes. Materialien über reduzierte Aufgabenstellungen und Werkzeuge kennenzulernen und sich damit auseinanderzusetzen, ermöglichte den Studenten, ihre eigenen Erfahrungen mit dem Material zu machen und daraufhin ihre Interessen zu schärfen. 

»Erfindendes Bauen und entdeckendes Aufmerken werden entfaltet – zu mindestens zu Anfang – durch ungestörtes, unbeeinflusstes, also vorurteilsfreies Probieren, das (zuerst) zweckloses spielerisches Basteln mit Material ist. Also durch unfachliche (das heißt, nicht durch Lehre beschwerte) Versuchsarbeit. […] Bei den Versuchsergebnissen werden vermeintlich Neuerungen der Anwendung oder Bearbeitung oft nachträglich also schon vorhandene Verfahren erkannt. Aber das Ergebnis ist erlebt und Eigentum, weil gelernt und nicht gelehrt. […]«

Josef Albers

»[…] Lernen ist besser, weil intensiver, als lehren: Je mehr gelehrt wird, desto weniger kann gelernt werden. […]«

Josef Albers

»Wir wissen, dass der Lernunterricht längere Wege macht, auch Umwege und falsche Wege. Aber aller Anfang ist nicht geradeaus. Und erkannte Fehler fördern den Fortschritt. Bewusste Umwege und kontrollierte Irrwege schärfen die Kritik, weisen durch Schaden zum Klügeren, erzeugen den Willen zum Richtigeren und Besseren.«

Josef Albers 

»[…], sich selbst, dem Stoff und der Arbeit gegenüber, dem lernenden für seine Berufswahl die Erkenntnis vermitteln, welche Arbeits- und Stoffgebiete ihm am nächsten stehen.«

Josef Albers

»Ein Ding ist bestimmt durch sein Wesen. Um es so zu gestalten, dass es richtig funktioniert – ein Gefäß, ein Stuhl, ein Haus –, muss sein Wesen zuerst erforscht werden; denn es soll seinem Zweck vollendet dienen, das heißt, seine Funktion praktisch erfüllen, haltbar, billig und ‚schön‘ sein.«

Walter Gropius, 1926

Wie und wo lang, bitte, geht es zur Kreativität?

  1. Kreative Intelligenz lässt sich methodisch fördern, indem konkrete Problemstellungen über spielerisch-experimentelle Strategien gelöst werden (Innovation). Dabei steht weder das Ergebnis (Analytik) im Zentrum, noch das Konzept (Praxis) – das Augenmerk liegt allein auf dem schöpferischen Schaffensprozess (Kreation).
  2. Über bestimmte Kreativstrategien lässt sich ein dialogischer Frage- und Antwortprozess initiieren, aus dem sich eine unvorhergesehene Lösungsvielfalt entwickeln kann (Diversität). Durch den Problembezug werden so neue Einfälle und fantasievolle Erfindungen zu tragfähigen Ideen, deren Lösungspotenzial sich jederzeit am Werk überprüfen und bewerten lässt (Spontaneität). 
  3. Beispiele für Strategien
  4. Üben Üben Üben … Finde das Bauhaus im Supermarkt!  Wie können mit Kaugummi, Papier und Holz spielerische-experimentelle Strategien entwickelt werden? (Projektübungen zum Material Kaugummi und Papier sind als Materialexperimente zu finden)
  5. Am Bauhaus wurde im Vorkurs Unterricht der Fokus stark auf die elementare Formelehre und Materiestudien gelegt. Oft schreckt man vor dem Arbeiten mit Material zurück. Fehlende Materialien, Werkzeuge und passende Werkräume lassen erste Hindernisse in unseren Köpfen aufkommen. 
Wie können also Materialübungen aussehen, um das Bauhaus überall hinzubringen? 
Wie können Übungen gestaltet sein, um die genannten Grenzen und Hindernisse auszuräumen?
Kann das Bauhaus zu jedem nach Hause kommen? Wenn ja wie?

Glitzer, Federn und Wackelaugen? Keine Angst!

Aus der Herausforderung, sich in kürzester Zeit mit unterschiedlichen Medien und Arbeitstechniken vertraut zu machen, entwickeln sich individuelle Kreativitätsstrategien, eine Flexibilität im Umgang mit Medien und ein Bewusstsein für das eigene Leistungsvermögen (Holz, Papier, Kaugummi …). Lebenslanges Suchen und Lernen, das den Kern jeder gestalterischen Tätigkeit bildet, fördern die Herausbildung einer eigenständigen schöpferischen Position. 

Oft entwickelt sich der Gestaltungsprozess freier und innovativer, wenn die rationalen Vorüberlegungen hinter dem offenen Experiment zurücktreten, wodurch die Handlungsstrategie fortwährend an den Verlauf der Ideensuche angepasst werden kann. Während sich jede rationale Erkenntnismethode auf die Verifikation oder Falsifikation einer bereits im Vorfeld festgelegten These stützt, bietet das gestalterische Experiment darüber hinaus die Chance zur Entdeckung und Erkundung völlig unbekannter Territorien. 

Kreative Gestaltung ist Forschung und schafft Wissen, wenn es einen ständigen Wechsel zwischen intuitiven schöpferischen Prozessen und rationalen ordnenden Perioden gibt. 

Das Bauhaus ist, Breuer-Hocker, Wagenfeld-Lampe … Wie kam es zu diesen vielen innovativen Neuerungen und Produkten in der Zeit des Bauhaus? Ein Grundstein lag in der Art und Weise des Unterrichts, speziell des Vorkurses am Bauhaus: Kreative Intelligenz aufzuspüren und methodisch zu fördern stand dabei im Mittelpunkt. 
Wie also können Übungen für verschiedene Zielgruppen aussehen? Wie kann man durch sinnliche Übungen die Methoden der Bauhaus Pädagogik für Schüler und Erwachsene nachvollziehbar machen? Hier geht es nicht darum, Übungen nachzuahmen, vielmehr sollen eigene individuelle Lösungsansätze gefördert werden. 

Übungen zur Kreativität sind daher sinnvoll – wenn sie die Fantasie der Teilnehmenden anregen. Sie müssen jedem Menschen ein Forum bieten, in dem er seinen eigenen Weg finden kann bis zu dem Ziel, ein Problem zu lösen. Was am Ende zählt, ist die Innovationskraft der Idee, während das Werk selbst lediglich Mittel zum Zweck ist. Die Auswahl der geeigneten Materialien und Verarbeitungstechnologien oder die Qualität der handwerklichen Umsetzung sagen viel über die praktische Intelligenz aus, doch wenig über das kreative Potenzial. 

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